Die Teppichfabrik Buchs (SG) Schweiz    1932 - 1993

 
 
 Gute Zeiten - Schlechte Zeiten : Geschichte der Teppichfabrik Buchs 1932 - 1993
Die Vorgeschichte
Die Geschichte
Die Garnherstellung
Weberei - Ausrüstung
Verwaltung / Diverses
Alte Stickerei Neuhof

Schifflistrickerei Neuhof 20er Jahre

Teppichfabrik Buchs um 1935

Vorgeschichte
In den 20er Jahren war im Rheintal die Stickerei eine wichtige Industrie. Viele Familien besserten ihr Einkommen mit Sticken im eigenen Gebäude auf. Auch bildeten sich grössere Betriebe, wie jener im "NEUHOF" in Buchs SG. Doch mit dem Ende des Jahrzehnts kam die grosse Stickereikriese. Die Mode machte dem Industriezweig immer mehr Probleme und so musste auch die Schifflistickerei Neuhof aufgeben werden. Das Gebäude stand einige Zeit leer und wurde u.a. auch als Kirche während dem Neubau der ref. Kirche Buchs verwendet. Allein in Buchs wurden täglich um 200 Arbeitslose gemeldet. Die "Zentralstelle für die Einführung neuer Industrien" bemühten sich Beschäftigung ins Land zu bringen und bot die Stickerei in Buchs als Standort an. Tatkräftig daran war auch der damalige Buchser Gemeindeammann Dr. Schwendener beteiligt.

Ursprung und Gründung 1932
In Münchenbernsdorf (Ost-Deutschland) war damals aus einer Tapetenproduktion (Wandgewebe) eine Teppichfabrik entstanden. Im Betrieb der Familie Rösel war eine Generation von Fachleuten herangewachsen. Man exportierte unter anderem auch in die Schweiz, wo der Vertreter Gustav Wiederkehr die Kundschaft betreute. Der Bundesrat war aber im Begriff die Einfuhr von ausländischen Teppichen zu unterbinden. So wurde der Sohn Ernst Rösel beauftragt in der Schweiz nach einem Produktionsstandort zu suchen. Er reiste mit seinem technischen Begleiter Kurt Fischer in die Schweiz und man fand in Buchs das Gebäude der ehemaligen Stickerei Neuhof. Am 28. April 1932 wurde das Gündungsprotokoll der "AG für Teppichfabrikation" geschrieben. Da zu dieser Zeit Ausländern nicht möglich war eine Firma zu gründen, wurde der Vertreter Gustav Wiederkehr zum Geschäftspartner, welcher den Verkauf betreute. Mit wenigen Maschinen wurde die Produktion aufgenommen. Einige Fachleute, u.a. der Webermeister und der Technische Dessinateur (Zeichner) wanderten zu diesem Zwecke in die Schweiz aus. Der Betrieb bestand aus den Abteilungen Weberei im alten Stickereigebäude, sowie ein paar Neubauten wie Kesselhaus, Färberei, Appretur und Schlichterei. Bereits im September wurden 55 Personen beschäftigt und man erzielte einen Umsatz von 50'000 Fr. 

< Bild: erster Grundriss für die Planung

Aufschwung und Kriegsjahre 1932 - 1945
Bereits 1934 wurden 66 Personen beschäftigt und ein Verkaufs-Umsatz von 1 Million Fr. erzielt. 1935 wurde ein neuer Websaal erstellt. Aus politischen Gründen (Deutsche durften keine Firmenmehrheiten besitzen) wurde 1939 die Firma Teppichfabrik Buchs, Wiederkehr & Co. gegründet, welche von nun an für den Produktionszweig zuständig war. Das Geschäft blühte dank der regen Nachfrage im Inland. Der Krieg brachte die Produktion ab 1945 fast gänzlich zum erliegen. Nur noch 32 Personen beschäftigten sich mehr mit Holz- und Tannenzapfensammeln im Wald für die Winterperiode, anstatt mit den wenigen Aufträgen. Der Schwiegersohn von Ernst Rösel, Christian Schwendener trat 1945 als Teilhaber in den Betrieb ein und half beim bald eintretenden Aufschwung mit.

< Ausstellung an der Mustermesse Basel 1949

Entwicklung und Ausbau 1945 - 1955
Nach dem Krieg erholte sich der Handel schnell, die Beschaffung von Garnen war jedoch schwierig und teuer. Deshalb beschloss man 1949 den Bau einer eigenen Spinnerei. Bereits 1950 produzierte man die ersten Garne selbst.

Der Maschinenpark wurde ständig erweitert und modernisiert, Gebäude um- und angebaut. So entstand ein neues Färbereigebäude, die Ausrüsterei wurde angebaut und der Websaal wurde vergrössert. 1955 trat als Teilhaber ein weiterer Schwiegersohn von Ernst Rösel, Francis Lecoultre in die Firma ein.

1953 gründete der jüngste der Rösel Brüder, Werner, in Brasilien eine neue Teppichfabrik. Einige Maschinen wurden nach Übersee geliefert und die Buchser Teppichfabrik half bei der Planung und Finanzierung mit. Das Unternehmen "Tapetes Sao Carlos" wuchs ebenfalls stetig und ist noch heute (2014) einer der wichtigsten Teppichfabrikanten in Südamerika.

Gründer Ernst Rösel zog sich 1955 aus dem Geschäft zurück.

< Betrieb um 1953 mit Spinnereineubau (hinteres Gebäude)

Hochkonjunktur 1956 - 1970
1960 konnten das alte Stickereigebäude abgebrochen und ein modernes Fabrik- und Bürogebäude erstellt werden. 1964 beschäftigte der Betrieb 150 Personen und erzielte beachtliche Umsätze. Es war oft schwierig, das nötige Personal überhaupt zu bekommen. Man sprach sogar von Überkonjunktur. 1960 waren es vor allem italienische Staatangehörige und 1970 arbeiteten bereits Personen aus 9 Nationen in der Fabrik. Zu dieser Zeit erzielte man Verkaufsumsätze um 6 Mio Fr. Fast 95% der Produktion wurden in der Schweiz verkauft. Wegen des teuren Schweizer Frankens war der Export schwierig. Trotzdem gehörten auch Österreich, Frankreich und Skandinavien zu den Abnehmern von Buchser Teppichen. 
1970 trat der Sohn von Christian, Jürg Schwendener in die Firma ein und übernahm später die technische Leitung der Firma. 1972 kam zu den Abteilungen Spinnerei, Färberei, Spulerei, Weberei und  Ausrüstung noch die Tuftingfabrikation dazu, für welche 1978 eine neue Halle gebaut wurde. Diese Abteilung produzierte moderne Massenware im Lohn für die befreundete Alpina Teppichwerke, welche der in der Zwischenzeit ausgeschiedene Mitgründer Gustav Wiederkehr in Wetzikon gegründet hatte. 

< Betrieb um 1965

Konkurrenzkampf 1970 - 1992
Die günstigeren Produktionsmöglichkeiten der Tuftingindustrie (eine Maschine produziert etwa 400 mal schneller als ein Webstuhl), sowie der Umstand, dass das Produkt Webteppich sehr lohnintensiv war (ca. 25% Lohnanteil am Fertigprodukt) drückten stark auf die Marge. Geld für notwendige Investitionen konnte immer weniger verdient werden. 1982 feierte das Unternehmen das 50-jährige Bestehen. Die Aussichten waren aber alles andere als rosig. 1987 traten die Teilhaber Christian Schwendener und Francis Lecoultre aus der Firma aus und verkauften diese an Jürg Schwendener und den neuen Teilhaber Werner Steck. Diese bauten die Produktion besonders im Nischensegment hochwertiger Spezialitäten für den Objekt- und Bürobereich aus, denn es war nur noch in diesem Sektor möglich, die nötigen Deckungsbeiträge und einen kleinen Gewinn zu erzielen. 80% dieser Ware ging in den Export. Der Import von billigen Tufting-Teppichen hatte inzwischen den Buchser Partner Alpina 1990 zur Aufgabe gezwungen. Für die Tuftingproduktion mussten andere Abnehmer gesucht werden. Hier war es vor allem die Kooperation mit der Teppichfabrik Malans des Partners Werner Steck, welche die Produktion sicherte. Hohe Lohnkosten und teure Auflagen der Behörden im Bereich Umweltschutz und Arbeitssicherheit zwangen die Firma 1991 zur Aufgabe der Spinnerei und 1992 der Färberei.

Rezession und Aufgabe 1992 - 1993
1991 setzte in der Schweiz eine starke Rezession ein, welche langsam auch in Hauptexportland Deutschland spürbar wurde. 1992 wurde der grösste Handelspartner in Deutschland von einem Schweizer Produzenten aufgekauft, was schlagartig einen ca. 80% Auftragsverlust bedeutete. Es war keine leichte Entscheidung und man versuchte alles, um die Arbeitsplätze zu erhalten, aber schliesslich kam man zur Erkenntnis, dass an ein Weiterproduzieren nicht mehr zu denken war. Die 24 verbleibenden Mitarbeiter mussten entlassen werden. Die Banken kündigten nach Ankündigung der Schliessung sofort alle Kredite. Zum Glück waren die Immobilien noch nicht zu hoch mit Schuldbriefen belastet und Pensionskassengelder nicht angetastet worden. Ein Konkurs konnte vermieden und sämtliche Verpflichtungen eingehalten werden.

1993 Aufräumen und Aufbruch zu neuen Zeiten
Sämtliches Material, vom Farbstoff über Hilfsmittel, von Rohwolle bis zum Grundkettgarn, Teppichlager, Maschinen, Anlagen und Inventar mussten möglichst schnell liquidiert werden um die Bankschulden zu reduzieren. Die Maschinen gingen in alle Welt, vorab nach Pakistan und Deutschland. Die besten Stücke an die Schweizer Konkurrenz. Gleichzeitig wurde ein Vermietungskonzept erarbeitet, welches zum Ziel hatte, mit 75% Auslastung selbsttragend zu funktionieren. Dank diesen günstigen Konditionen konnten bald Mieter gefunden werden. 

Von der alten Fabrik zum Zentrum NEUHOF
Die Vermietung verlangte nach grosser Flexibilität. Renovationen und Umbauten mussten in grossem Umfang gemacht werden. Dies verschlang in den ersten Jahren sämtliche Mittel, welche aus der Vermietung erzielt werden konnten. Heute (2014) steht ein in Substanz und Erfolg blühendes Gewerbezentrum im Herzen von Buchs. Es bietet gleich viel Arbeitsplätze wie in Hochkonjunktur-Zeiten der Fabrik. Das Risiko ist auf über 100 Mieter verteilt und aus diesem Grund klein. Auch heute gibt es stetigen Wandel: Jährlich wechseln ca. 5-10% der Mieter - ein Wandel, welcher sich in der schnelllebigen Zeit nicht vermeiden lässt und ohne diesen es wohl auch keinen Fortschritt geben wird.

2011 geht die Immobilien AG der Teppichfabrik Buchs in neue Hände über
Markus Gantenbein, Leiter des Immobilienbereiches bei der ACV-Gruppe Buchs, kennt den "Neuhof" bestens. Er wird neuer VR Präsident. Sein Partner im VR ist Rolf Stiegeler, der als dipl. Steuerexperte ebenfalls bei der ACV-Gruppe tätig ist. Ziel ist es, das blühende Unternehmen im Sinne ihrer Vorgänger weiterzuführen und zu entwickeln. Rolf Stiegeler tritt 2013 aus dem VR aus.

Aus der "Immobilien AG der Teppichfabrik Buchs" wird 2014 die "Zentrum Neuhof AG"


Ernst Rösel
Gründer 1932
Direktor bis 1955 
 

Gustav Wiederkehr
Teilhaber 1932 - 1964


Christian Schwendener
ab 1945
Direktion 1955 bis 1987


Francis Lecoultre 
ab 1955 bis 1987

Jürg Schwendener
ab 1971, ab 1976
bis 2011 GL und VR
 Verwaltung Zentrum NEUHOF


Werner Steck
1987 bis 1993 GL/VR
1993 bis 2011 VR

Markus Gantenbein
ab Juli 2011 VRP